Aua, Aua, Kopfweeeh

Beinahe hätten wir sie übersehen! Wir waren gerade mit dem Auto unterwegs, als mitten auf der Straße regungslos eine kleine Blaumeise saß. Wir bremsten rapide ab und sprangen aus dem Wagen. Als wir uns der kleinen Blaumeise näherten blieb sie weiterhin starr sitzen, kein besonders gutes Zeichen. Ohne große Widerworte ihrerseits konnten wir sie sichern uns trugen sie erst einmal weg von der Straße. Ein kurzer Blick war bereits verräterisch: Die Kleine hatte wohl nähere Bekanntschaft mit einem Kraftfahrzeug gemacht, als ihr lieb war. 

Linksseitig war ihr Gefieder etwas zerzaust und das Auge hielt sie geschlossen, ihr Schnabel stand offen und sie hechelte nach frischer Luft. Ihr ganzer Anblick schrie gerade nach "Aua, Aua, Kopfweeeh".

Also ab in den Wagen und mitgenommen. Aber wo könnten wir sie eine Zeit lang unterstellen, wo wir doch eine gute Strecke von zu Hause entfernt waren und so schnell auch nicht heimkommen würden? Keine hundert Meter entfernt fanden wir ein kleines Geschäft, dass gerade öffnete. Der Besitzer war so freundlich, uns eine kleine Kartonschachtel zu überlassen, die wir kurzerhand etwas auspolsterten. Darin könnte sich die kleine Blaumeise erst einmal erholen. Und wieder einmal hieß es für einen gefiederten Freund: Wärme, Dunkelheit und Ruhe. Wir stellten den Wagen ab und verließen ihn erst einmal für eine Weile um die Kleine nicht weiter zu Stören und hofften das Beste.

Etwa drei Stunden und ein paar Blickkontrollen später stellten wir schnell fest, dass sich die Blaumeise rascher regeneriert hatte als gedacht. Ihr ging es sogar so gut, dass sie uns zur Begrüßung gleich einmal in den Finger zwickte. Ihr Schnabel hatte eindeutig nichts abbekommen der Stärke des Bisses nach zu urteilen. Selten freut man sich dermaßen, von einem Tier gezwickt zu werden. Aber nicht nur ihr Schnabel, alles an ihr konnte kaum noch still sitzen. Also fuhren wir noch einmal zu der Stelle zurück, an der wir sie gefunden hatten. Dort angekommen machten wir noch einen schnellen Check. Flügel, Schnabel, Beinchen, Augen. Alles schien gut zu funktionieren, also riskierten wir sie wieder frei zu lassen. 

Alles schien perfekt. Die Blaumeise flog sogleich zum nächsten freien Ast und putzte sich dort gemütlich. Schnell wurde aber klar, dass sie noch ein bisschen wackelig auf den Beinchen war. Sie hopste hin und her, aber vermied es zuerst richtig zu fliegen. Also behielten wir sie noch eine Weile im Auge, während sie zu einem nahe gelegenen Haus flatterte und hüpfte. Dort sprang das Vögelchen in einen Blumentopf, in dem sich einen Finger breit Wasser angesammelt hatte. Sie trank ein paar Schlucke und ruhte sich noch etliche Minuten im Gebüsch aus.

Nach und nach erschien sie immer sicherer und irgendwann hatte sie genug Kraft getankt, um wendig zurück zu ihren Blaumeisen-Kollegen zu fliegen.

Die Blaumeise (Cyanistes Caeruelus) ist in Mitteleuropa ein sehr häufiger Singvogel und wird, wie der Name schon verrät, zu den Meisen gezählt. Sie ernährt sich hauptsächlich von kleinen Insekten und Spinnen, greifen im Winter aber gerne auch auf pflanzliche Nahrung zurück. Jeder kann sich glücklich schätzen, wenn er viele kleine Blaumeisen in seinem Garten beheimatet. Denn sie sehen nicht nur sehr hübsch aus mit ihrem in allen Blautönen glitzernden Gefieder, sondern sie fressen mit Vorliebe Mückenlarven und Blattläuse.

Leider werden Blaumeisen selten älter als zwei Jahre. Nicht nur der unübersichtliche Straßenverkehr, sondern auch harte Winter machen ihnen schwer zu schaffen. Eigentlich könnten sie nämlich über 10 Jahre alt werden. Wer den Blaumeisen gerne beim alt werden helfen möchte, sie freuen sich immer über Nistkästen und Futterstellen, besonders in der Brutzeit und im entbehrungsreichen Winter.