Zuchtbericht - Sewellia lineolata

Ein Bericht zu meinen persönlichen Erfahrungen bei der Haltung und Nachzucht von Sewellia lineolata. 

Kein Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit - man weiß etwas nur so lange, bis man es besser weiß. 

Im folgenden Bericht will ich erzählen, wie ich meine Prachtflossensauger halte und wie es mir gelang sie nachzuziehen. Ich habe selbst versucht mehr über die Art, deren Haltung und Vermehrung in Erfahrung zu bringen. Das Internet ist - vor allem im deutschsprachigen Raum - jedoch nur bedingt hilfreich. Man findet immer wieder einzelne Berichte über die Haltung und Zucht, aber ich fand niemanden, der ausführlich über das Thema spricht. Es werden meist nur Teilbereiche vorgestellt. Das wollte ich nun ändern. Ich überlasse jedem selbst, was er von den gegebenen Informationen hält und ob er etwas davon machen möchte wie ich. Dies ist keine Anleitung. Aber vielleicht ist es ein erster Schritt zum tatsächlichen Austausch über diese wunderbaren Tiere.

 

Achtung: Work in Progress! Hier wird sich über die Zeit immer wieder mal was verändern.

Eckdaten von Aquarium & Wasser

Steckbrief (aktuell) und Inhaltsverzeichnis

Besatz: 3 Sewellia lineolata männlich, 3 Sewellia lineolata weiblich, regelmäßig Jungtiere, 3 Sewellia sp. aff. albisuera

Größe: 80 L x 35 B x 40 H mit 5cm Füllstandsdifferenz ohne Deckel

dGH: 10-12

KH: 8-10

pH: 7,2 - 7,4

Temp: 23°C

Sauerstoffversorgung: Diffusor, Söchtling Oxydator Mini

CO2 Anlage: keine

Filter: JBL 1501 - 1400l/h hinter Eck-HMF Matte mit Diffusor

Pumpe: Eheim CompactOn 1000l/h

Licht: JBL Solar Natur T5 Tageslicht-Vollspektrum

Bodengrund: JBL Manado in braun

Einrichtung: runde Flusssteine von 1cm - 15cm Durchmesser, Schwemmholz

Pflanzen: Fontinalis antipyretica, Crinum calamistratum, Microsorum pteropus, Echinodorus "ozelot", Echinodorus "tornado", Schismatoglottis prietoi

 

Größe und Bauweise des Aquariums

Die Aquarienmaße entsprechen den üblichen Empfehlungen für Sewellia lineolata. Für die 6 adulten Tiere war das Aquarium absolut ausreichend groß. Als sich mehr Nachwuchs einstellte, hätte ich mir ein etwas größeres Becken gewünscht. Zukünftig würde ich, wenn eine Vermehrung erwünscht ist, nicht mehr unter 100cm Kantenlänge empfehlen. Die Höhe des Aquariums ist relativ unwichtig, auch 30cm würden vollkommen ausreichen, da sich die Tiere hauptsächlich in Bodennähe aufhalten.

 

Eine großzügigere Tiefe des Beckens kann nicht schaden, da die Männchen von Sewellia lineolata territorial sind und "ihre" Plätze verteidigen. Umso mehr Bodenfläche vorhanden ist, desto eher können sich die Männchen aufteilen und aus dem Weg gehen.  So finden auch etwas schwächere Männchen einen Platz, an dem sie sich wohlfühlen und zurückziehen können. (Mehr dazu unter Verhalten - Territorialität)

 

Ich habe mich für ein offenes Becken entschieden, da es durch den fehlenden Deckel einen besseren Luftaustausch gewährleistet. Auch die Temperatur ist dadurch leichter stabil zu halten, da sich keine Wärme unter dem Deckel stauen kann und ein Ventilator über dem Becken installiert werden kann. Davon abgesehen finde ich es einfach ansprechender und ich persönlich mag es, die Tiere füttern und das Becken betreuen zu können, ohne jedes Mal mit einem klobigen Deckel hantieren zu müssen, aber das ist reine Geschmackssache.  

 

Vorsicht ist bei offenen Sewellia Becken dennoch geboten, da Flossensauger manchmal aus dem Aquarium klettern. (Mehr dazu unter Verhalten - Klettern

 

Wasserwerte

Die Wasserwerte werden nicht angepasst, sondern kommen genau so bei uns im Ort aus der Leitung. Wir haben wirklich sehr großes Glück mit unserem Wasser. Bis auf einen höheren Silikatwert, der mittlerweile fast in jedem Leitungswasser vorhanden ist als Rohrschutz, haben wir wirklich hervorragendes Wasser in Mautern. Auch wenn ich bei meinen Recherchen immer wieder auf weit weicheres Wasser in den Heimatgewässern der Sewellias stieß, funktioniert die Haltung bei mittelharten Werten problemlos. (Mehr dazu unter Nachzucht)

 

Ich versuche einen wöchentlichen Wasserwechsel-Rhythmus einzuhalten mit einem Austausch von ca. 50 % des Aquarienvolumens. Je nachdem wie viele Jungfische sich gerade im Becken befinden und wie oft ich füttere kann dieser jedoch auch von alle 2-3 Tage bis hin zu 2 Wochen variieren. Ich persönlich würde bei gutem Leitungswasser empfehlen, im Zweifel eher einmal öfter Wasser zu wechseln. Ich mulme nicht allzu oft, da es durch die vielen Steine und Babys auch etwas umständlich ist. Ich versuche immer wieder Teilbereiche des Bodens zu säubern, während sich im Rest des Beckens die Tiere einstweilen verstecken können.

 

Temperatur

Die Temperatur gilt bei Sewellias als maßgeblich. Viele Sewelliaarten sind für tropische Fische relativ kaltes Wasser gewöhnt und benötigen dieses auch. Sewellia lineolata ist jedoch weit flexibler, was die Temperaturen betrifft. Auch wenn ich zu Beginn penibel darauf achtete, dass die Temperatur nicht über 23° Celsius stieg, kann ich nun mit gutem Gewissen behaupten, dass man sie auch wärmer halten kann. 

 

Meine persönlichen Beobachtungen deuten darauf hin, dass die Anfälligkeit bzw. Resistenz gegen hohe Temperaturen viel mit dem Allgemeinzustand der Tiere zu tun hat. Als ich die Prachtflossensauger erwarb, noch etwas gezeichnet vom Stress des Transports und der Haltung beim Händler, hatten schon etwas höhere Temperaturen Auswirkungen auf das Verhalten der Tiere. Auch schienen sie nicht gut an Gewicht zuzulegen, obwohl ausreichend gefüttert wurde und sie das extra Futter eindeutig nötig hatten. Kaum war die Kühlung installiert und der Wert blieb stabil bei maximal 23° Celsius, zeigten sie sich weit agiler und wurden zunehmend dicker. Nach einer gewissen Eingewöhnungs- und Aufpäppelphase wurden sie dann gleichgültiger den Temperaturen gegenüber.

 

Im Zuchtbecken ist es mittlerweile kein Problem mehr, wenn die Temperatur kurzfristig 27° Celsius erreicht. Einige Nachzuchten werden gerade in einem Gesellschaftsaquarium groß, dass eine dauerhafte Durchschnittstemperatur von 24-26° Celsius - je nach Jahreszeit - aufweist. Die Kleinen kommen sehr gut damit zurecht, wachsen gut und haben ausreichend Reserven. Viel wichtiger als kühle Temperaturen scheint für die Haltung von Sewellia lineolata das nächste Thema zu sein, die Sauerstoffversorgung.

 

Dennoch möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass es für das reine Wohlbefinden der Prachtflossensauger sicher besser ist, sie bei Temperaturen von 21°C bis 24°C zu halten. Außerdem scheint Temperatur zumindest bei mir einen Anteil am Nachzuchterfolg von Sewellia lineolata zu haben (dazu unten mehr). 

 

Die kühlen Temperaturen halte ich hauptsächlich über einen Tischventilator aus dem Baumarkt, der über dem offenen Aquarium montiert ist und auf das Wasser bläst. Gesteuert wird er von einem automatischen Temperaturregler, der sobald die Temperatur über 23,5° Celsius ansteigt, den Ventilator einschaltet. Durch die vermehrte Verdunstung im Becken wird das Wasser gekühlt. Ein regelmäßiges Auffüllen wird an sehr heißen Tagen jedoch nötig.

 

Sauerstoff

Sauerstoff ist für die Haltung und Zucht von Sewellia lineolata eine der wichtigsten Kriterien. Die Prachtflossensauger brauchen unbedingt einen hohen Sauerstoffgehalt im Wasser. Umso mehr würde ich sogar darauf achten, wenn es sich um eine generell nicht optimale Haltung handelt (z.B. wenig Strömung, höhere Temperaturen etc.). Sollten die Tiere bereits dauerhaft leichtem Distress ausgesetzt sein, kann ein zusätzlicher Faktor wie mangelnder Sauerstoff schneller zu Problemen führen. Die Erklärung ist einfach: hast du einen harten Tag im Büro, wird er umso schlimmer, wenn es heiß und stickig ist und du nicht anständig lüften kannst. 

 

Ich selbst habe gemerkt wie wichtig dieser Punkt ist, da bereits ein zudrehen des Diffusors oder eine Verstopfung des Filters in kürzester Zeit dazu führte, dass die Sewellia lineolata sich an der Wasseroberfläche aufhielten, schnell atmeten und einen erhöhten Herzschlag aufwiesen. Andere Faktoren für ein solches Verhalten wie z.B. nachweisbare Ammonium oder Nitritwerte konnten bei den genannten Vorfällen ausgeschlossen werden. Kaum war der Filter wieder gereinigt bzw. der Diffusor wieder aktiviert, erholten sich die Tiere schnell. Deshalb empfehle ich, und wenn nur als eine Art "Sicherheitsgurt", die Installation eines Oxydators. Sollte sich etwas derartiges ereignen, wenn man gerade in der Arbeit oder auf Familienbesuch ist, kann ein Oxydator zumindest einen Teil der Sauerstoffversorgung aufrecht erhalten und man gewinnt Zeit.

 

Generell achte ich in all meinen Aquarien auf eine gute Durchströmung und Oberflächenbewegung und ich benutze überall Oxydatoren. Nur im Sewellia lineolata Zuchtbecken arbeite ich zusätzlich mit einem Diffusor. Dieser ist auch deshalb recht nützlich, da man sofort Veränderungen an der Durchflussleistung des Filters erkennt. Somit kann ich schon frühzeitig einschätzen, wenn der Filter mal schneller verstopft als gewöhnlich. 

 

CO2

Ich benutze keine CO2 Anlage in meinem Zuchtbecken. Da ich keinen besonderen Wert auf gutes Pflanzenwachstum in diesem Aquarium lege und durch den Diffusor zu viel ausgespült werden würde, erachte ich das in meinem Fall als unsinnig. Ich habe rechnerisch einen "natürlichen" CO2 Gehalt von ca. 9-10 mg/l in meinem Zuchtbecken ermittelt.

 

Einige meiner Jungtiere werden aber in einem Aquarium gehalten in dem ein permanenter CO2 Gehalt von 20mg/l eingetragen wird. Ich habe hinsichtlich CO2 bis zu diesem Wert also keine Bedenken für die Haltung von Sewellia lineolata. Ich kann jedoch noch nicht sagen, wie sich ein hoher CO2 Gehalt auf den Nachzuchterfolg auswirkt. Für die Haltung bei einem höheren Wert als 20mg/l kann ich leider ebenso noch keine Aussage treffen.

 

Filter

In meinem Nachzuchtbecken nutze ich einen Außenfilter der Marke JBL 1501 mit 1400 l/h. Bevor sich großer Nachwuchs einstellte, lief das Aquarium sehr gut mit einem selbstgebauten Eck-HMF. Durch die extrem verstärkte Fütterung, die für das Durchkommen der Masse an Nachwuchs notwendig wurde, war ich gezwungen aufzustocken. Da der HMF durch die erhöhte Durchflussmenge den Großteil seiner Funktion einbüßt, habe ich den Außenfilter entsprechend groß dimensioniert. Der HMF dient nun nurmehr dem Schutz der größeren Sewellia lineolata und als kleine Barriere für die Larven, die sie jedoch überwinden können, wenn sie möchten. Sie passen problemlos durch die 20ppi Matte. Um mögliche Verluste zu minimieren, muss also auf Larven auch hinter dem Eck-HMF geachtet werden und diese evtl. gesichert werden.

 

Wie bereits im Bereich über Sewellias im Gesellschaftsbecken erwähnt, wird für Flossensauger üblicherweise eine Filterleistung pro Stunde vom 15-20 fachen des Aquariumvolumens empfohlen. Berechne ich das Nettovolumen an Wasser in meinem Aquarium komme ich problemlos in diesen Wertebereich. Ich glaube nicht, dass dieser Wert zwangsläufig für die Haltung von Sewellias notwendig ist, wie viele Halter beweisen. Gerade für die Nachzucht würde ich für ein Aquarium, in dem eine größere Zahl an Jungfischen aufgezogen werden soll, diese Leistung dennoch empfehlen. Zusätzlich werden eine gute Bestückung mit biologischem Filtermaterial und häufige Wasserwechsel hilfreich sein, um bei ausreichender Fütterung eine gute Wasserqualität zu erhalten. 

 

Ich möchte außerdem noch erwähnen, dass kühle Temperaturen mit meinem HMF Filter leichter zu erreichen waren, als mit einem Außenfilter. Seit ich den Außenfilter benutze wäre die Grundtemperatur in den Sommermonaten um ca. 2°C höher, wenn ich nicht mit einen Ventilator dagegen kühlen würde. 

 

Strömung

Zusätzlich verwende ich für eine bessere Strömung eine Tauchpumpe der Marke EHEIM des Typs CompactOn 1000. Sie dient dazu, im hinteren Teil des Aquariums eine stärkere Strömung zu erzielen und vor allem das Wasser und die Oberfläche anständig zu bewegen. Damit simuliert man zwar nicht die natürlichen Verhältnisse im Flusslauf, aber zumindest finden die Sewellia lineolata einen Bereich im Becken vor, in dem sie ihre natürlichen Verhaltensweisen und Bewegungsabläufe ausleben können.

 

Denn tatsächlich konnte ich bei ausreichend Strömung bei mir eine Verhaltensänderung der Sewellia lineolata beobachten. Die Prachtflossensauger im strömungsarmen Aquarium liegen die meiste Zeit des Tages auf Steinen oder Pflanzen herum und in Bewegung schlängeln sie sich regelrecht mit dem ganzen Körper durch das Wasser. Sobald sie mit einer stärkeren Strömung konfrontiert werden, zeigen sie ihre wahren Schwimmkünste. Sie zischen regelrecht durch das Wasser, teilweise ohne einen einzigen Schwanzflossenschlag zu vollführen. Sie lenken ihre Bewegungen nur mit den großen breiten Brustflossen und segeln wie ein Vogel im stürmischen Wind. 

 

Licht

Auch das Licht hatte in meinem Aquarium Einfluss auf die Tiere. Im ersten Jahr verwendete ich eine ältere Leuchtstoffröhre die ich noch von einem Terrarium übrig hatte, die zu Beginn hervorragend funktionierte. Ich hatte keine besonderen Ansprüche an das Licht, da ich wenig Pflanzen im Aquarium habe bzw. diese nicht besonders schwer zu pflegen sind. Auch einige Löcher in den Blättern stören mich in diesem Becken nicht. Es geht mir vorrangig um das Wohlbefinden der Tiere im Aquarium. Dennoch muss ich sagen, dass ich gesamt gesehen sehr zufrieden war. 

 

Nach ca. einem Jahr schien die Leuchtstoffröhre leider endgültig ausgebrannt, da sie mittlerweile stark an Leistung eingebüßt hatte. Es sah aus wie eine ältere Energiesparlampe von der Sorte, die 10 Minuten brauchte um ihre volle Lichtleistung zu erhalten, nur dass sie nicht mehr heller wurde. Selbst eine penible Reinigungsaktion brachte kaum Besserung. Ich selbst hatte auch das Gefühl, dass die geringe Lichtleistung sich auf die Aktivität der Prachtflossensauger auswirkte. Möglicherweise war dies auch nur ein subjektiver Eindruck, weil ich sie nicht mehr so gut beobachten konnte. Dennoch bin ich der Meinung, dass bei zu schwachem Licht die Lebhaftigkeit der Tiere nachlässt. So oder so musste Ersatz her. 

 

Ich entschied mich vorläufig für die Solar-Natur Vollspektrum Lampe von JBL. Sie tut ihren Dienst, die Tiere sind nun wieder aktiver und ich kann sie wieder gut sehen. Vor allem die Pflanzen schienen von dem Licht stark zu profitieren. Plötzlich schossen sie regelrecht in alle Richtungen, selbst die bisher kümmernde Echinodorus machte nun ein neues Blatt nach dem anderen und wurde teilweise rötlich. Ich kann soweit nicht meckern. Nur die Farbtemperatur gefällt mir nicht wirklich gut, da ich persönlich etwas wärmeres Licht bevorzuge und bei dieser Lampe das Blau im Licht doch recht vorherrschend ist. Ich werde also bei Zeiten doch nochmal umsteigen. 

 

Außerdem steht das Aquarium an einem Platz, an dem nachmittags für ca. 2 Stunden Sonneneinstrahlung in das Becken trifft. Das war bisher kein besonders großes Problem, da Algenaufwuchs in diesem Aquarium nicht unerwünscht war. Nur an besonders heißen Sommertagen muss ich den Vorhang vorziehen, weil es sich sonst zu rasch erwärmt. Während des restlichen Jahres scheinen die Alttiere die Prachtflossensauger die Sonne sogar zu genießen. Sobald die ersten Strahlen ins Aquarium fallen gibt es immer mindestens ein, zwei Sewellias, die sich auf einen Stein setzen und richtig in der Sonne baden. Ich mache das daran fest, da sie selbst in einer Ruhephase immer wieder herumkrabbeln und die Steine wechseln. In der Sonne hingegen liegen sie wirklich ruhig und entspannt, ohne groß die Stelle zu wechseln oder nervös herum zu rutschen, bis sie weiter gezogen ist. 

 

Bodengrund

Der von mir ausgesuchte Bodengrund war wohl eine der besten Zufallsentscheidungen die ich treffen konnte. Ich hatte mich hauptsächlich für den JBL Manado in braun entschieden, weil ihn mein Freund in einem seiner Aquarien ausprobiert hatte und ich ihn wirklich als recht hübsch und ausreichend rund für Bodenfische empfand. Der Manado hatte bei ihm schließlich den Corydoras-Test bestanden.

 

Die älteren Sewellias schienen den Bodengrund auch sehr gut anzunehmen. Sie liegen noch heute gerne auf dem Boden und durchwühlen ihn bei der Fütterung. Es gibt keine Verletzungen oder sonstige Schädigungen an den Tieren und auch die Reinigung ist recht simpel. Besonders toll war, als ich beobachten konnte, wie sich die kleinen Larven richtig in die Ritzen zwischen den einzelnen Manado Steinchen quetschten und so perfekt verstecken konnten. Auch wenn für Flossensaugerbecken immer wieder feinkörniger Sand empfohlen wird, wäre eine solche Deckung für die Jungfische im Sand nicht möglich und man müsste vermutlich sehr viele kleine Kiesel zusätzlich mit einbringen, um den selben Effekt zu erzielen.

 

Einrichtung

Um ein Sewellia Becken einzurichten, braucht es nicht allzu viele Pflanzen. Hauptsächlich habe ich Pflanzen im Becken, damit es für mich etwas ansprechender aussieht. Die Tiere nutzen die Pflanzen nicht wirklich als Versteckmöglichkeit und auch in ihren Heimatgewässern sieht man nicht allzu viele Wasserpflanzen. Die Steine hingegen lieben sie. Ich habe Fotos in verschiedenen Berichten über das natürliche Habitat der Sewellias gefunden, wonach ein großer Teil des Flussbettes ein einziges Steinmassiv darstellt, welches vom Wasser des Baches tief und blank geschliffen wurde. Nun eine riesige Steinplatte im Aquarium nachzubilden ist zwar möglich aber ungemein aufwändig, also entschied ich mich dafür, das Aquarium mit typischem Flussgeröll auszustatten. Sie mögen es offensichtlich. 

 

Viele schichten ein paar runde Steine einfach in der Mitte des Beckens auf. Ich finde den Anblick aber nicht wirklich natürlich und daher für mich persönlich auch nicht so ansprechend. Ich habe mich deshalb bei der Gestaltung von den bei mir in der Gegend fließenden Flüssen Donau und Traisen inspirieren lassen. Mein Aquarium ist auch sicher nicht perfekt eingerichtet, aber ich glaube mir ist der Aufbau doch recht gut gelungen. Zumindest empfinde ich das Urteil meiner Sewellias als recht erfolgreich.

 

 

Auf dem oberen Bild sieht man das Aquarium in seiner Einrichtungsphase kurz vor dem ersten Befüllen. Ich habe dieses Foto ausgewählt, weil  der Steinaufbau besser zu erkennen ist. Ich habe im linken hinteren Bereich sehr große aber flache Steine aufrecht aufgeschichtet als optischer Hintergrund, aber auch als großzügiger Versteckraum. Links im Vordergrund sowie rechts hinten liegen recht grobe Flusssteine, der Zwischenraum wurde mit Kieseln verschiedener Größe befüllt. Anscheinend hat sich so zwischen und unter den Steinen ein eigener Lebensraum von Gängen gebildet, in dem sie sich optimal Bewegen und zurück ziehen können. Ich konnte regelmäßig beobachten, wie ein Sewellia auf der einen Seite des Beckens unter den Steinen verschwindet um am anderen Ende komplett ungesehen wieder aufzutauchen. 

 

 

 

Hier nochmals nach der Einlaufphase kurz nach dem Einsetzen der Fische. Damals waren auch noch ein paar Kardinäle mit im Aquarium, die zwischenzeitlich ein Zuhause brauchten. Mittlerweile sind sie übersiedelt, wären jedoch auch als dauerhafte Beifische durchaus in Frage gekommen.

 

 

Inzwischen hat sich einiges getan. Die Pflanzen sind gewachsen, ein paar sind dazu gekommen, die Steine haben Algen angesetzt und hier und da wurde etwas umdekoriert. Auch der Filter wurde wie beschrieben getauscht und die Tauchpumpe arbeitet zusätzlich. 

 

Pflanzen

Wie bereits erwähnt, brauchen Sewellias nicht wirklich Pflanzen um glücklich zu sein. Als Sichtschutz tun sie durchaus ihren Dienst, aber ansonsten werden sie bei mir im Aquarium wenig genutzt (mehr dazu unter Verhalten & Körperbau - Territorialität). Aber was wäre ein Süßwasseraquarium ohne Pflanzen. Deshalb habe ich hier noch ein paar Anmerkungen für Interessierte zu meinen Pflanzen gemacht. 

 

Meine Hauptpflanze für das Sewellia-Aquarium sollte von Beginn an das Fontinalis antipyretica werden. Ich bin durch puren Zufall auf diese tolle Pflanze gestoßen und zwar bei einem Spaziergang an der Donau. Der Wasserstand war gerade sehr niedrig so dass kleine Inseln aus dem Wasser ragten. Bei genauerer Betrachtung fiel uns eine grüne Wasserpflanze auf, die bereits halb ausgetrocknet auf diesen Steinen angewachsen war. Nach einigen Recherchen fanden wir heraus, dass es sich hierbei um das Quellmoos handelte, das in Europa heimisch in Flüssen gedeiht und damit perfekt für ein Flossensauger-Aquarium geeignet sein müsste. Seit dem wächst sie ungeniert im Becken und ein regelmäßiges Trimmen ist trotz fehlender Düngung notwendig. Das Fontinalis erwies sich als extrem anspruchslos und sehr dankbar. 

 

Die zweite Pflanze, die ich seit Beginn in meinem Aquarium habe ist Microsorum pteropus, der allseits beliebte und bekannte Javafarn. Auch er hat Geschichte, denn er wurde von uns aus einem Aquarium im Nachbardorf übernommen und uns wurde gesagt, dass diese Pflanze bereits seit 30 Jahren das Becken ziert. Auch hier wächst es munter weiter, mit der Besonderheit von teilweise 3 strahligen Blättern. Auch er ist relativ leicht zu pflegen und hat nur wenig Ansprüche.

 

Auch meine zwei alten Echinodoren mussten unbedingt aus dem alten Aquarium übersiedeln. Ich hatte zwar damit gerechnet, dass sie das Wasser und die Strömung nicht vertragen würden, aber sie haben überlebt. Ich bin froh darüber, da ich doch etwas an ihnen hänge. Sie wachsen zwar nicht besonders gut, aber vielleicht bekommen sie in einem anderen Aquarium nochmal eine Chance, ihre wahre Pracht zu zeigen.

 

Ich hatte zu Beginn außerdem noch eine Anubia mit im Aquarium. Diese habe ich allerdings recht schnell ausgetauscht, weil sich kein wirklich guter Platz für sie finden lies. Demnach müsste man das ausprobieren, ob sie sich auf Dauer im Strömungsbecken halten würde.

 

Eine besondere Schönheit ist in meinen Augen die Crinum calamistratum. Die extrem langen und dünnen Blätter sind sehr dick und stark gewellt. Sie halten die Strömung sehr gut aus, angeblich braucht diese Pflanze sie sogar, um richtig wachsen zu wollen. Leider wurden die neuen Blätter mit der Zeit etwas farblos bei mir im Becken. Um sie dauerhaft so schön zu halten, müsste man dann evtl. doch etwas düngen. 

 

Relativ neu bei mir im Aquarium ist die Schismatoglottis prietoi, die leider noch nicht mit auf dem Bild ist. Ich habe sie in einen Bereich mit mittlerer Strömung gesetzt und ihr ein Beutelchen mit Soil an den Wurzeln gegönnt. Auch sie kommt mit den Bedingungen sehr gut zurecht, bekommt derzeit aber ein paar kleine Löchlein in den Blättern. Auch hier muss ich mir mit der Düngung noch etwas einfallen lassen, damit sie auf Dauer glücklich wird.

Fütterung

Was fressen Sewellias?

Diese Frage ist sicher eine der am heißest diskutierten Fragen bei der Haltung von Sewellias. Es gibt sehr viele Angaben im Internet auf Verkaufsplattformen diverser Fischhändler und ein paar wenige Berichte zur Haltung. Sucht man im englischen Online-Sprachraum findet man schon mehr, aber auch wenig konkretes und viel widersprüchliche Information. Folgende Vorschläge kamen mir auf meiner Suche unter:

 

1. Algen

Immer wieder lese ich bei der Tierbeschreibung im Internet, Sewellias würden Algen fressen. Auch in den Fischshops, vor allem in Amerika, werden Kunden dahingehend beraten, dass Sewellia lineolata und seine Gattungskollegen dem vorhandenen Algenproblem den Garaus machen können. Das ist leider FALSCH. Auch wenn ich von Anfang an nicht daran glaubte, lasse ich mich natürlich gerne belehren und beobachtete meine Tiere. Algen finden sie so dermaßen uninteressant wie das vormittägliche Fernsehprogramm. Mein Flossensaugerbecken beinhaltet auch diverse Algen, die auf den Steinen dahinwachsen. Und trotz einer mittlerweile ganzen Heerschar an Sewellias, werden sie nicht weniger. Wasserwerte und Licht beeinflussen die Algen, aber sicher gehören sie nicht zum Speiseplan der Sewellias. Wer sich die schönen Tiere also als Algenfresser mit nach Hause nehmen möchte, ist nicht gut beraten. Generell würde ich davon absehen, irgendwelche Fische als Problembeseitiger zu kaufen. Dadurch entstehen meist mehr Probleme, als sie lösen können.

 

2. Gurke

Vor allem in diversen Facebook Gruppen erlebe ich neuerdings den Trend, dass immer mehr Fische mit diversen Gemüsesorten gefüttert werden. Auch von anderen Sewellia-Haltern habe ich dies mehrfach gelesen und Neulingen in Sachen Flossensaugern wurde dies auch immer wieder von "den alten Hasen" geraten. Obwohl dies von einigen Fischenarten durchaus gut angenommen wird, kam ich nicht umhin, die Sinnhaftigkeit dessen bei Sewellias zu hinterfragen. Auch wenn sie das angebotene Gemüse evtl. annehmen würden, war meine ursprüngliche Fragestellung dahin gerichtet, was sie in ihrem natürlichen Habitat an Futter verzehren. Auch wenn Sewellias durchaus Futter mit Hauptbestandteilen von Fischmehl und Getreide fressen, empfinde ich dies nicht als die richtige Nahrung für sie, da sie auch in der Natur keine Fische jagen oder Getreideären abnagen. Ich bezweifle auch, dass in den vietnamesischen Flüssen und Bächen Gurke, Zucchini und Karotten wachsen. Also dies konnte auch nicht des Rätsels Lösung sein. 

 

3. Aufwuchs und Kleinstlebewesen

Die gängigste Meinung im Internet ist, dass Sewellias Aufwuchs und die darauf aufsitzenden Kleinstlebewesen als Hauptnahrung zu sich nehmen. Klingt erstmal logisch, schließlich gilt dies für die meisten Flossensauger. Für mich stellte sich dennoch die Frage, ob dies wirklich die Haupt- bzw. Lieblingsnahrungsquelle von Prachtflossensaugern darstellt. Ich beobachte sie nun schon sehr lange, wie sie auf ihren Steinen liegen und doch für einen angeblichen Aufwuchsfresser erstaunlich selten darauf herum schrubbeln. Kaum fällt Futter ins Wasser kommt aber Leben in die Tierchen. Noch mehr, wenn es sich um hochproteinhaltiges oder insektenreiches Futter handelt. Auch das Maul kam mir nicht unbedingt typisch für einen Aufwuchsfresser vor. So kam ich zu meinem vierten Punkt:

 

4. Tierische Nahrung - insbesondere Insektenlarven

Da die Sewellias besonders gierig auf protein- und insektenhaltiges Futter reagieren und mit diesem Futter auch in kürzester Zeit mit der Vermehrung begannen, kam ich zu dem Schluss, dass dies wohl die richtige Art der Ernährung sein müsste. Diese Vermutung wurde mir bestätigt, als mir eine Ausgabe der Fachzeitschrift "aquaristik" in die Hände fiel. In dieser Ausgabe fand ich einen ausführlichen Bericht von Ingo Seidel über Flossensauger im Allgemeinen. Darin beschreibt er, dass Flossensauger auf Grund ihres zahnlosen Mauls oberflächlich den Aufwuchs abweiden, um an die aufsitzenden Mikroorganismen zu gelangen. Laut seinem Bericht wären die Flossensauger anatomisch nicht einmal in der Lage, sich die harten Algen einzuverleiben. Sewellias seien außerdem eine Ausnahme von den anderen Flossensaugern und ernährten sich in der Natur von auf Steinen aufsitzenden Insektenlarven und wären deshalb als Fleisch- bzw. Insektenfresser anzusehen. Dieser Bericht war für mich also die Bestätigung meiner bisherigen Beobachtungen. 

 

5. Mein Fazit aus der Odyssee über die Ernährung von Sewellias:

Man muss verschiedene Arten von Nahrung unterscheiden. Futter ist nicht gleich Futter. Es gibt Hauptnahrung, Gelegenheitsnahrung aber auch Notnahrung. Für mich bedeutet das, dass man nicht pauschal sagen kann, was ein Fisch eigentlich frisst und was nicht. In Hungerperioden werden auch Sewellias auf Nahrungsquellen zurückgreifen, die sie sonst verschmähen würden. Und in Zeiten des Überflusses werden sie sich eher die besten Stücke heraus picken und teilweise auf ihre übliche Nahrung verzichten. Ich gehe davon aus, dass die Aussage von Herrn Seidel doch recht zutreffend ist, auch wenn ich sie nicht überprüfen kann (ein Flug nach Vietnam ist doch etwas kostspielig). Die Beobachtung meiner Sewellias bekräftigt seine Aussage auf jeden Fall. Für mich sind Sewellias in erster Linie Fleischliebhaber, die jedoch gerne auch auf Mikroorganismen und Aufwuchs zurück greifen, wenn sich nichts besseres bietet oder eben als Gelegenheitssnack zwischen den Fütterungen. 

 

Auflistung meiner Futtersorten

Tetra - Tabi Min

Tetra - Pleco Tablets

More for Fish - Mahanadi

More for Fish - Rio Rojo

More for Fish - Rio Orinoco

Dr. Bassler - Acai

Dr. Bassler - Garlic

JBL - NovoDaph

JBL - NovoTom

Sera - Micron

GlasGarten - Bacter AE

Garnelaxia - Dekapsulierte Artemiaeier

Frostfutter Cyclops extra rot

Frostfutter Daphnien extra rot

Frostfutter Schwarze Mückenlarven

Frostfutter Weiße Mückenlarven

Lebendfutter Artemia Nauplien

 

Wie - Was - Wieviel füttern

Mit Larven oder kleinen Jungfischen im Aquarium versuche ich so oft wie möglich kleine Portionen über den Tag zu füttern. Da ich einer ganz normalen Erwerbsarbeit nachgehe, hängt die Fütterung natürlich stark vom Dienstplan ab. Sieben bis acht mal am Tag geht sich an freien Tagen gut aus. Ansonsten, wenn nur adulte und ältere Jungfische im Becken sind, füttere ich 1-2 mal täglich. 

 

Die tägliche Futterdosis setzt sich zu gut 50% zusammen aus meinem Hauptfutter, den Tetra Tabi Min und Tetra Pleco Tablets und die restlichen 50% aus noch weiteren Futtersorten als abwechslungsreiche "Beilage". Ich habe mich für das Tetra Futter als Hauptfutter entschieden, da es einen hohen Proteingehalt aufweist und in sehr kleine Partikel zerfällt, welche die Sewellia lineolata sehr gut aufnehmen können. Zusätzlich verteilt sich der entstehende Futterstaub sehr gut im ganzen Becken, so dass auch der letzte Bewohner einen Happen abbekommt, ohne sich ständig mit Konkurrenten streiten zu müssen. Besonders gut funktioniert die Fütterung mit diesen Tabletten, wenn man sie in der Hälfte oder sogar in Viertel auseinander bricht und im Aquarium verteilt. Auch wenn dieses Futter allgemein nicht als hochwertiges Futter wahrgenommen wird, zeigen sich die Sewellias bei mir als besonders gierige Fresser, wenn ich sie füttere. Ich probiere natürlich immer wieder andere Futtersorten aus, die von ihrer Zusammensetzung her ähnlich oder qualitätsvoller sind, jedoch habe ich noch keines gefunden, dass bei den Flossis besser als Hauptfutter funktioniert, wie diese Tabletten.

 

Als Beilage nutze ich die Futtersorten von More for Fish und Dr. Bassler. Ich kann all diese Futtersorten direkt aus der Dose verfüttern, bis auf die Sorte Rio Rojo. Diese zerkleinere ich in einem Mörser, damit es sich besser im Aquarium verteilt und sich nicht alle Sewellias um 2-3 Chips streiten müssen (sie sind recht hart und zerfallen nicht so gut). 

 

Frostfutter gibt es mindestens einmal die Woche, wenn es gerade passt oder ich den Eltern etwas Gutes tun will auch öfter. Alle oben genannten Frostfuttersorten kommen bei ihnen sehr gut an. Ich achte nur darauf, dass sich im Frostwürfel keine roten Mückenlarven befinden. Ich habe bei anderen Fischen eher weniger gute Erfahrungen damit gemacht und möchte bei den Sewellias einfach kein Risiko eingehen, kann aber auch keine Aussage aus eigener Beobachtung treffen, ob es gefährlich ist oder nicht oder wie gut es angenommen wird. Ich möchte hierbei jedoch nicht unerwähnt lassen, dass ich andere Berichte über Nachzuchtversuche mit roten Mückenlarven als Hauptnahrung gefunden habe, die sehr gut funktioniert haben.

Meiner Erfahrung nach ist die Einstellung zu roten Mückenlarven sehr unterschiedlich ausgeprägt in der Aquaristikwelt, fast schon polarisierend, deshalb möchte ich darauf hinweisen, dass das bitte jeder selbst entscheiden soll - ganz nach eigenem Ermessen - ob er diese verfüttern möchte oder nicht.

 

Ich habe auch schon Artemia Nauplien als Lebendfutter an die Sewellias verfüttert, muss aber gestehen, dass diese für andere Fische gedacht waren. Wenn Nauplies da sind, bekommt aber meistens jeder bei uns ein bisschen was davon ab. Sie schienen es zu mögen. Extra für die Sewellias tue ich mir die Arbeit aber nicht mehr an. Die dekapsulierten Artemiaeier finden sie nämlich genauso toll und diese sind weit einfacher in der Handhabung und Lagerung.

 

Aus den restlichen Futtersorten mache ich für die Larven und Jungfische von Sewellia lineolata eine eigene Trockenfutter-Aufzuchtmischung die ich, wie oben bereits erwähnt, 7-8 mal täglich im Aquarium verteile, wenn ich kleine Larven bemerke. Der Hauptteil besteht aus dekapsulierten Artemiaeiern, dazu ein bisschen Sera Micron, ein paar getrocknete Daphnien und eine Prise NovoTom. Alles zusammen kommt in den Mörser und wird auf Miniminiminipartikel zerkleinert. Mit dieser Mischung habe ich bis jetzt erfolgreich die kleinen Sewellias aufgezogen. Mein bester "Schwung" bestand aus ca. 60 Jungfischen, die ich mit dem Futter auf einmal im Aquarium der Eltern durchbrachte. Neuerdings mische ich auch noch etwas vom BacterAE dazu. Ich fand den Ansatz des Futters recht interessant und werde unter Umständen weiter berichten.

 

Schüttet man das Pulver einfach auf die Wasseroberfläche, treibt es meistens ewig durch die Gegend und verteilt sich mit der Zeit willkürlich. Aber mit dem Ventilator zusätzlich wird auch ein Teil verweht und das Futter kommt nicht zwangsweise dort an, wo ich es haben möchte. Ich kenne mittlerweile ein paar Stellen im Aquarium, wo sich die Larven besonders gerne sammeln. Also verteile ich einen Teil des Futters gezielt auf diese Stellen und der Rest darf das ganze Becken durchströmen. Um das zu ermöglichen, musste ich auf ein Glas und eine kleine Pipette zurückgreifen. Ich entnehme etwas Aquarienwasser mit dem Glas und gebe das Futterpulver hinzu. Mit der Pipette mische ich das "Futterwasser" gut durch und kann es gezielt im Aquarium hinter Ritzen und unter Steinen verteilen. An diesen Stellen wird es nicht sofort fortgespült und die Jungfische haben die Zeit in aller Ruhe in ihrer bevorzugten Deckung ihre Nahrung zu verspeisen. 

 

Futtersorten die bei mir leider nicht gut funktioniert haben sind insbesondere solche (ich nenne jetzt keine Marken, da ich hier niemanden schlecht reden möchte), die sich weder gut im Mörser zerkleinern lassen noch von selbst im Wasser in kleine Partikel zerfallen. Eine geeignete Futtergröße scheint demnach für meine Sewellias ein entscheidender Faktor zu sein, wie gut sie das Futter annehmen. Meinen Beobachtungen zu Folge lutschen sie 2-3 Mal an großen harten Tabletten herum, um sie dann einfach für die Garnelen und Schnecken liegen zu lassen. 

Körperbau & Verhalten

Territorialität

Sewellias findet man in ihrer Heimat meist in Gruppen. Auch im Aquarium können sie erst in einer Gruppe ihrem Sozialleben tatsächlich Ausdruck verleihen. Die Männchen untereinander sind territorial und tragen bei Begegnung immer wieder kleine Kämpfe aus. Dennoch sind die Aspekte Sozialleben und Territorialität kein Widerspruch, sondern das Eine braucht das Andere. Ein kleiner menschlicher Vergleich zum besseren Verständnis: Eine durchschnittliche Person in völliger Einsamkeit ist vermutlich schnell unglücklich, in einem sozialen Gefüge fühlt sie sich wohler, auch wenn es manchmal zu Streitereien mit Freunden oder Familie kommen kann. Auch fänden wir es wahrscheinlich nicht besonders lustig, wenn der Nachbar plötzlich ungeladen bei uns auf der Couch sitzt.

 

Die männlichen Tiere von Sewellia lineolata beginnen recht früh mit ihren Geplänkeln. Meine Jungtiere zeigen bereits im Alter von einigen Monaten (wobei sie noch lange nicht ausgewachsen sind) erste Kämpfe. Diese wirken relativ spektakulär. Sie schwimmen frontal aufeinander zu und bedrängen und umschwimmen sich immer wieder gegenseitig. Dabei versuchen sie auch sich bevorzugt im Bereich des Kopfes bzw. der Brustflossen zu beißen, bis einer der beiden Kontrahenten früher oder später den Kürzeren zieht und sich aus dem Staub macht. Zu schweren Verletzungen kam es jedoch nicht. Hin und wieder sieht man kleine Irritationen auf der Schleimhaut des Fisches, was sich in blassen, weißlichen Stellen und einer leichten Ablösung der oberen Schleimhautschicht äußern kann. Diese harmlosen Blessuren sind bei meinen Tieren aber immer wieder problemlos verheilt. Möglicherweise könnte dies bei schlechter Wasserqualität zu einem Problem werden. 

 

Hier ein kleines Video von einer länger dauernden "Diskussion" zwischen zwei Männchen, wer denn nun der Hecht im Teich sei:

 

 

Damit der Unterlegene sich auch in angemessener Entfernung von seinem Rivalen zurück ziehen kann, braucht es natürlich genügend Raum und Verstecke. Hier werden die Faktoren der passenden Einrichtung des Aquariums dann entscheidend, wie wohl sich die Sewellias in ihrem Zuhause fühlen. Genügend Steine hinter und unter denen sie sich aufhalten können und ein paar Wurzeln und/oder Pflanzen als Sichtschutz zwischen den Kontrahenten tragen zu mehr Ruhe und Rückzugsraum im Aquarium bei.  Der Unterlegene hat damit die Gelegenheit sich von seinem Rückschlag zu erholen und seinem Widersacher das nächste mal wieder mit voller Kraft und Selbstbewusstsein entgegen zu treten. Oder sich hinter dessen Rücken doch noch ein Weibchen zu finden, welches ihn sexy genug findet. 

 

Geschlechtsdimorphismus & Verhältnis

Für eine gut zusammen gestellte Gruppe von Sewellias würde ich empfehlen zumindest gleich viele Weibchen wie Männchen ins Aquarium zu setzen. Im Zweifel würde ich mich durch die Territorialität der Männchen begründet immer für mehr Weibchen entscheiden. Um das zu verwirklichen, muss man sie natürlich erstmal auseinander halten können. Der Unterschied zwischen den Geschlechtern ist bei Sewellias für das geübte Auge gut zu erkennen, aber gerade für Neulinge bzw. bei noch nicht ganz ausgewachsenen Tieren ist es schwieriger. Mir sind bisher drei verschiedene Methoden untergekommen, wie Sewellia-Halter das Geschlecht ihrer Tiere identifizieren können:

  • Kopfform
  • Flossenform
  • Fences & Tuberkel

Ich würde das Erkennen an der Kopfform eher als Interessant für den geübten Halter einschätzen. Es hat auch bei mir eine Weile gedauert bis ich sehen konnte, wo die Unterschiede liegen. Der Kopf des Männchens ist knochiger und kantiger, während das Weibchen einen eher runden Kopf mit feinen Gesichtszügen besitzt. 

 

Die Flossenform ist etwas leichter auszumachen. Auch hier ist der Faktor Rundheit wieder entscheidend, man betrachtet dazu die Sewellias wenn sie an der Aquariumscheibe kleben von unten. Die Flossen der Weibchen sind rund und der Übergang zum Kopf fast nahtlos, beinahe scheint das Tier von unten Oval. Die Männchen wirken dagegen eher rechteckig, mit eher in die Länge gezogenen Flossen die mit einem steileren Winkel abschließen. Auch zwischen Brustflossen und Kopf entsteht ein nahezu rechter Winkel. Wenn die Tiere jedoch noch nicht ihre vollständige "Endform" erreicht haben, ist auch diese Form der Bestimmung leider nicht zuverlässig. 

 

 

Am sichersten ist wohl die Bestimmung des Geschlechts mit Hilfe der Fences und Tuberkel. In beiden Fällen handelt es sich um kleine Erhebungen auf dem Körper der Sewellias. Die Fences findet man nur bei den adoleszenten bzw. adulten Männchen von oben betrachtet an der vorderen Kante der Brustflossen. Die Tuberkel kann man bei genauerem Hinsehen im Kopfbereich und im vorderen Bereich des Körpers finden und sehen aus wie kleine erhabene Tupfen. Bei Weibchen sieht man diese gar nicht bis kaum, bei Männchen hingegen sind sie zahlreicher und stark ausgeprägt. Die Fences sowie Tuberkel entwickeln sich erst mit der Zeit, vergleichbar mit dem menschlichen Bartwuchs. Also ist auch hier eine Unterscheidung erst ab einem gewissen Entwicklungsstand möglich. 

 


 

Ich konnte bei meinen männlichen Sewellia lineolata außerdem beobachten, dass diese Geschlechtsmerkmale sogar bei dem selben Tier nicht immer gleichermaßen ausgeprägt waren. Mein dominantestes Männchen im Aquarium hat meistens die größten Erhebungen, aber phasenweise werden sie kleiner und schwieriger zu sehen, um einige Wochen darauf wieder signifikant größer und hervorstechender zu werden. Ich kann natürlich als Laie nicht sagen, woran es genau liegt, jedoch kam mir zumindest vor, dass die vergrößerten Fences mit einer erhöhten Territorialität und Aktivität einher gingen. Möglicherweise - und das ist ein enormes möglicherweise, da ich sie nicht rund um die Uhr beobachten kann - hat diese Veränderung der Geschlechtsmerkmale mit einer Art Paarungszyklus bzw. einem gewissen Hormonstatus zu tun. Aber das ist jetzt einfach mal reine Spekulation meinerseits.

Jedoch würden Beobachtungen von anderen Haltern dafür sprechen, die von einer Veränderung der Farbgebung der Sewellias während Paarungsaktivitäten berichten.  

 

Klettern

Mit Hilfe der stark haftenden noppenartigen Struktur an der Unterseite ihrer breiten Flossen sind sie in der Lage, sich nicht nur an Steinen festzuhalten sondern können, wie die meisten Flossensauger, auch an dem Glasrand des Aquariums hochklettern. So können die Flossensauger in ihrem natürlichen Habitat steile Gebiete überwinden und flussaufwärts wandern um neue bzw. bessere Gebiete zu erschließen.

 

Ich konnte dieses Verhalten selbst zum Glück nur einmal bei einem Pärchen vermeintlichen Sewellia sp. aff. albisuera beobachten. Als ich mir das Pärchen neu kaufte, überführte ich sie zuerst in das Quarantänebecken, um die ersten Tage beobachten und auf eventuell in Erscheinung tretende Krankheiten behandeln zu können. Was gut gemeint war, war leider nicht sehr gut gemacht. Bereits in der ersten Nacht entkam das Weibchen aus dem Aquarium. Als ich sie am nächsten Morgen fand, konnte ich leider nichts mehr für sie tun. Verwundert bemerkte ich noch das Männchen, dass immer wieder versuchte an der hinteren Aquariumscheibe hochzuklettern. Es ragte halb aus dem Wasser, rutschte wieder zurück um danach einen erneuten Versuch zu wagen, aus dem Wasser zu steigen. 

 

Wie viele Quarantänebecken war auch meines nur ein altes offenes Glasbecken, sehr sporadisch zweckmäßig eingerichtet und die Technik war größtenteils selbstgebastelt bzw. aus nicht mehr gebrauchten Komponenten zusammengewürfelt. Um die Wasserqualität stabil zu halten absolut ausreichend. Mir fiel auf, dass genau an der Stelle, an der das Männchen versuchte heraus zu klettern und auch das Weibchen wohl heraus geklettert sein musste nach dem Fundort zu Folge, der Filterstrom eines kleinen Filters senkrecht auf die Wasseroberfläche gerichtet war. Ich hatte also einen Hauptverdächtigen. Ich drehte den Filter um, und auch wenn der Filterstrom nun recht ungeschickt gerichtet war, war er doch immerhin waagerecht. Das Männchen beendete seine Versuche recht schnell. Seit dem ich darauf achte, dass wie in allen Becken nur noch waagerechte Strömung im Aquarium herrscht, hatte ich trotz offener Becken nie wieder Probleme mit kletternden Sewellias.

 

Ich weiß bis heute nicht, ob es wirklich daran lag. Jedoch halte ich die Strömungsrichtung nach wie vor für die wahrscheinlichste Erklärung für das Kletterverhalten. Vor allem, wenn ich mir diverse YouTube Videos zu kletternden Flossensaugern ansehe. Deshalb mein vorerst abschließendes Urteil zum Thema Klettern: Um dieses Verhalten nicht zu provozieren, sollte man auf gute Wasserqualität achten und eine senkrecht gerichtete Strömung (egal ob nach oben oder nach unten) im Aquarium vermeiden. 

 


Stimulation & Paarungsverhalten

Um es zu einer Paarung kommen zu lassen, brauchen viele Fische eine gewisse Stimulation, die sie zur Fortpflanzung animiert. Je nach Art können das eine künstlich erzeugte Trockenperiode, Schwankungen des atmosphärischen Drucks, Temperaturunterschiede und ähnliches sein. Bei der Recherche zur Fortpflanzung von Sewellias stieß ich mehrfach auf die Aussage, man könne durch kühle Wasserwechsel zum Erfolg kommen. Also habe ich recht zeitig damit begonnen nach dem wöchentlichen Ablassen des Wasser von einer Temperatur von ca. 23 Grad Celsius kühles Frischwasser nachzufüllen. Die Temperatur sank innerhalb kurzer Zeit um ca. 3 Grad Celsius, mehr hatte ich mich vor allem wegen der Neocaridina im Becken nicht zugetraut. Diese kühlen Wasserwechsel führe ich bis heute durch, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob dies wirklich ausschlaggebend für den Paarungserfolg war. Jedoch kann ich generell nach dem Wasserwechsel beobachten, dass die Tiere etwas lebendiger werden und gerne "fangen spielen". Ob das reiner Zufall, ein Ausdruck ihrer Territorialität oder tatsächlich ein unbeholfener Annäherungsversuch sein soll, kann ich leider nicht ausreichend beurteilen. 

 

Auch muss ich zugeben, dass ich nicht mit 100 %iger Sicherheit behaupten kann, einen Paarungsverlauf beobachtet zu haben. Einerseits mag dies an meinem Langschläferdasein liegen, aber sicher auch daran, dass ich die wenigen Momente, in denen ich glaubte eine Paarung zu beobachten, zu weit entfernt saß für eine eindeutige Beurteilung. 

 

Noch während die ersten drei Jungfische in meinem Aquarium heranwuchsen, versuchte ich zusätzlich zu den Wasserwechseln etwas Neues. Neben der erhöhten Fütterung habe ich für einige Wochen ein Säckchen Sera Super Peat hinter den HMF meines Aquariums geklemmt. Ich wollte einfach versuchen, den PH Wert für einige Zeit ein bisschen zu senken. Im Vorweihnachtsstress hatte ich das Säckchen sogar schnell wieder vergessen, kaum nachgemessen und nach einigen Wochen wieder heraus genommen. Wie ich nur wenige Absätze weiter unten beschreibe, kam rechtzeitig zu Weihnachten dann eine Fülle von Jungfischen hervor. War das eventuell der große Unterschied? 

 

Es ist einfach sehr schwer zu sagen, was die Sewellia lineolata tatsächlich zur Fortpflanzung animiert. Ich habe jetzt schon so viele Berichte gelesen und Erfolge übers Internet mitverfolgen können, die keinen wirklichen gemeinsamen Nenner erkennen lassen. Ich habe nur gemerkt, dass die Erfolgsrate bei mir meist eine gutes Stück höher liegt als bei anderen zufälligen Erfolgen, jedoch auch weit unter den Erfolgsraten der echten Profis. Müsste ich die Faktoren dafür kurz runterbrechen, würde ich folgende Dinge nennen:

 

Zum Wohlbefinden er Elterntiere:

  • Sauberes, sauerstoffreiches Wasser mit regelmäßigen Wasserwechseln und guter Filterleistung
  • Zumindest stellenweise erhöhte Strömung
  • Ausreichend Versteckmöglichkeiten für die Elterntiere
  • Nahrung, die gut angenommen wird mit erhöhtem Proteingehalt für die Eiproduktion

Zum Überleben der Eier und Jungfische:

  • Kleine Ritzen und grober Kies als sicherer Ablageort für die Eier und als Versteck für die Larven
  • zeitlich begrenzte PH und KH Schwankung nach unten für bessere Schlupfergebnisse
  • kleingeriebenes Futter in ausreichendem Maße an den typischen Versteckplätzen der Larven

Für noch höhere Erfolgsraten wird man um richtige Zuchtbecken, tägliches Absammeln der Eier und eigene Aufzuchtbecken nicht herum kommen. Ich habe zwar den inneren Drang so etwas einmal auszuprobieren, aber mir fehlen dazu leider auch die räumlichen und zeitlichen Möglichkeiten. Abgesehen davon, finde ich es sehr schön, wenn die Jungfische im Becken der Alttiere aufwachsen können und ich mich auch einfach mal optisch an meinem Aquarium erfreuen kann. 

Nachzucht

Die ersten Jungfische tauchten nur wenige Monate nach dem Kauf der Alttiere auf. Ich hatte damit überhaupt nicht gerechnet, da überall im Internet die Aussagen zu finden waren, wie schwer die Tiere nicht nachzuziehen seien. Zuerst wollte ich es nicht glauben als mein Freund mir sagte, er hätte Jungtiere im Aquarium entdeckt. Aber tatsächlich, er erbrachte den Fotobeweis. Mit den Worten "und wo einer ist, ist auch ein zweiter" machte er eine Voraussagung, die sich noch mehr als zutreffend erweisen würde. Drei kleine Jungfische wagten sich mit gut einem Zentimeter Länge aus ihren Verstecken unter den Steinen hervor. 

 

Von nun an wurde mehr und regelmäßiger gefüttert (mehr dazu unter Futter - Wie Was Wieviel füttern). Wir wollten ja die kleinen Wunderwerke durchbringen. Wir begannen außerdem mit verschiedenen Futtersorten zu experimentieren. Zwei Monate darauf wurde das Aquarium quasi von Jungfischen überrannt. Für mich war es das schönste Weihnachtsgeschenk, dass ich mir vorstellen konnte. Von nun an wurde es aber auch etwas aufwändig. Und ich begann die Aufzucht zu dokumentieren so gut es ging. Jedoch ist der genaue zeitliche Ablauf für mich etwas verschwommen, da ich einmal die Älteren, dann wieder die jüngeren Tiere gefilmt und fotografiert habe. Auch hängt die Geschwindigkeit der Entwicklung sicher von vielen Faktoren wie z.B. der Fütterung ab, weshalb sich das bei vielen Haltern unterscheiden wird. Ich habe folgend deshalb keine zeitlichen Angaben gemacht. 

 

Außerdem habe ich die gesamte Aufzuchtszeit in drei Phasen gegliedert und ihnen Fantasienamen gegeben, welche die markantesten Entwicklungen beschreiben sollen. Das soll nur ein willkürliche Gliederung sein, damit der lange Text nicht zu unübersichtlich wird. 

 

Die Jungfischphase

Also nochmal von Larve an. Die ersten entdecke ich meist mit wenigen Millimetern Länge. Sie sind so winzig, dass man sie nur sehr schwer sehen kann und genau aufpassen muss. Glücklicherweise sammelten sich immer einige Larven auf der Seite des Aquariums hinter einem Stein. Wenn dort welche auftauchen, weiß ich es ist wieder so weit. Die erste Phase ist meiner Meinung nach die heikelste. Es braucht drei Dinge, damit die Larven dieses Stadium überstehen: einen ganzen Haufen Mulm, enorm viel Staubfutter oftmals über den Tag verteilt, und sehr gute Versteckmöglichkeiten vor allen anderen Fischen. 

 

Das Staubfutter mische ich mir wie oben beschrieben selbst zusammen und reiche es mehrmals täglich mit einer Pipette, um es an den besten Versteckplätzen zu verteilen (mehr dazu unter Futter - Wie Was Wieviel füttern). Der Mulm wird durch die starke Fütterung von selbst mehr und wie man sieht auch die Schnecken (in dieser Zeit habe ich ein ganzes Batallion Anetome Helena ernährt). Die Versteckmöglichkeiten hatte ich zum Glück schon bei der Beckeneinrichtung in ausreichendem Maße errichtet (mehr dazu unter Eckdaten von Aquarium & Wasser - Bodengrund und Einrichtung)

 

Der Rest ist Zeit, Geduld und vor allem Beharrlichkeit. Füttern, füttern, nochmal füttern, Wasserwechsel, wieder füttern. Nach Hause kommen nach der Arbeit und sofort füttern. Vor dem Schlafengehen nochmal füttern. Selbst wenn ich meine Mutter besuchte musste ich regelmäßig unterbrechen um meine Fische zu füttern. Zugegeben, heute weiß ich, so ganz genau muss man es nicht nehmen. Aber der Nachzuchterfolg in Form der Anzahl der Jungfische die durchkommen ist dennoch weit größer, wenn man es wirklich ernst nimmt und dabei bleibt. 

 

Zurück zu den Fischlein: Die Sewellia Larven sind wie gesagt sehr klein. Wenn ich schätzen müsste würde ich sagen, die ersten die ich sehe sind gerade einmal 3 mm lang. Sie sind, wie im nächsten folgenden Video unten ganz zu Beginn zu sehen, sehr blass, durchscheinend, mit großen schwarzen Kulleraugen. Larven eben.

 

Mit einem geschulten Auge entdeckt man kleine Brustflossen und einen dunklen Fleck an der Wurzel der Schwanzflosse. Ansonsten ist noch kein Muster zu erkennen und sie sind larventypisch recht durchscheinend. Sie sind so winzig, dass die meisten Besitzer sie übersehen. Sie leben in dem Alter noch zurückgezogen und zeigen sich kaum.

 

Aus diesem Grund habe ich auch nicht viele Aufnahmen von ihnen machen können. Und es war mir nicht wirklich möglich zu bestimmen, wovon sie sich in diesem Alter tatsächlich ernähren oder ob sie noch von ihren Reserven zehren.

Bald darauf ist die Rückenflosse bei genauem Blick bereits zu erkennen und ein erstes rudimentäres Muster zeigt sich auf dem Tier, dass jedoch immer noch wenige Millimeter misst. In den Abend- und Nachtstunden wagen sie sich bereits etwas aus ihren Verstecken, sind aber immer noch wachsam dabei. Sie nutzen Steine, Mulm, Schneckenansammlungen und den Bodengrund als Deckungsmöglichkeit. 

 

Sie halten sich außerdem vermehrt an Plätzen auf, an denen sich das feine Staubfutter sammelt. Deshalb gehe ich davon aus, dass sie bereits beginnen, das dargebotene Futter anzunehmen.

Endlich werden die kleinen Sewellias zu richtigen Fischchen. Die Flossen sind gut erkennbar und teilweise bereits gemustert. Auch die Zeichnung am Körper verändert sich ständig, wird dunkler und und die Abgrenzung zu den helleren weißlich-silbrigen Bereichen schärfer. 

 

In diesem Stadium konnte ich mehrmals beobachten, wie sie sehr kleine Partikel des Staubfutters aufnehmen. 

 

Sie sind ununterbrochen mit der Futtersuche beschäftigt. Der Hunger treibt sie aus den Verstecken und die ca. 1 cm langen Fischlein lassen sich durch interessierte Blicke kaum vom Fressen abhalten. 

In der folgenden Phase wachsen sie weiterhin recht rasant. Sie versammeln sich immer häufiger zur Fütterung im vorderen Bereich des Aquariums, wo ich sie hervorragend beobachten kann. Selbst bei schnelleren Bewegungen bleiben sie bei ihrer Aktivität, ohne mir auch nur ein bisschen ihrer Beachtung zu schenken. Perfekt für Fotos!

 

Während sie größer werden, verändern sich ihre Proportion kaum. Die Flossen werden zwar etwas markanter, aber sie bleiben noch eine Weile recht zierlich und die typische Flossensaugerform lässt weiterhin auf sich warten.

 

 

 

Hier noch ein paar Fotos und Videos aus der ersten Zeit. Je nachdem, wie das Aquarium gestaltet wurde, ob und mit welchen Beifischen die Tiere vergesellschaftet wurden, entdeckt man sie manchmal erst zu Ende dieser ersten "Jungfischphase". Oft werden sie auch in der Hektik mit Welsbabys verwechselt. Bei genauerem Blick ist der Unterschied jedoch sehr gut zu erkennen. 

 

Über die ganze Zeit hinweg klappt das Zusammenleben von Babys und Eltern sehr gut, es gibt gegen die Kleinen keinerlei Aggressionen oder Streitigkeiten, wie das unter den Elterntieren der Fall ist. Auch die Garnelen und Jungfische hatten kein Problem miteinander, sie sitzen und fressen miteinander, ohne sich großartig zu stören. 

 

Außerdem sollte man bis zum Ende diese Phase das Mulmen des Bodengrundes lieber unterlassen, da sie bei Störung noch sehr unkoordiniert flüchten und sich möglicherweise Tiere in den Schlauch verirren könnten. Später wird das wieder einfacher. 

 

 

Also der Erfolg gab mir recht. Ich hatte so viele Jungfische, dass ein Zählen unmöglich wurde. Sie wuchsen und waren richtige Wonneproppen. Rundum glückliche kleine Fischchen, die sogar weit weniger Scheu zeigten als die Elterntiere. Ich habe bis heute auch keinen Sewellia Nachwuchs mit irgendwelchen Defekten gefunden, sprich irgendeiner Art von Deformation oder Fehlwuchs. Möglicherweise wären solche Tiere schon frühzeitig verendet, ohne dass ich es beobachten hätte können, was ich natürlich nicht ausschließen kann. Aber alles was ich beobachten konnte, lief soweit super.

 

Woran ich leider überhaupt nicht gedacht habe war, dass dieser enorme Futtereintrag meinen HMF-Filter überfordern würde. Durch puren Zufall wurde ich darauf aufmerksam, dass im Sewellia-Aquarium ein erhöhter Nitritwert sein Unwesen trieb. Glücklicherweise ging dieser mit einem stark abfallenden PH-Wert einher, was zwar nicht optimal ist, aber vermutlich meinen Tierchen in diesem Moment das Leben erleichterte (Nitrit wird wie Ammonium vorrangig bei höheren PH-Werten zu einem akuten Problem). Die nächsten Tage folgten Giftstoffentferner und Wasserwechsel ein ums andere mal. Nur mit wirklich großen und zahlreichen Wechseln und einem zusätzlichen Außenfilter mit enormen Filtervolumen bekam ich das Problem wieder in den Griff.

 

So erschreckend die Erfahrung in der Situation auch war, sie hat mir eines gelehrt: Sewellia lineolata sind weit härter im Nehmen, als ich ihnen das je zugetraut hätte. Ich fand während der ganzen Zeit keinen einzigen Fisch mit Problemen, geschweige denn einen toten Fisch. Wenn ich tatsächlich Verluste hatte, welche ich nicht bemerkt habe, dann in einer so geringen Ausprägung, dass es mir und niemand anderem auffiel, der mein Becken kennt. 

Die Flossenphase

Nun beginnt die von mir "Flossenzeit" genannte Entwicklungsstufe. Erst jetzt finden gravierende Veränderungen statt, die den kleinen Sewellias die typische Flossensauger-Form verleihen. Zu beobachten, wie sich die Flossen immer weiter vergrößern und die ersten Male, wenn sich die Jungtiere erstmals an die Aquariumscheibe heften, ist besonders faszinierend. Ab diesem Zeitpunkt habe ich nicht mehr ganz so oft gefüttert, sondern eine ähnliche Menge auf größere und weniger Portionen am Tag verteilt. 

 

Zu Beginn wachsen die Fischlein nicht mehr so rasant in die Länge, sondern sie werden zuerst dicklicher zur Mitte hin. Die Flossen vergrößern sich etwas, vor allem aber die Brustflossen werden signifikant vergrößert und die Zeichnung auf den Flossen wird markanter und feiner.

 

Während die Zeichnung auf dem hinteren Teil des Körpers gleich grob bleibt, beginnt sie zum Kopf vorne auch immer kleiner und zierlicher zu werden. 

Als nächsten beginnen die Bauchflossen sich ebenfalls zu vergrößern. Mit diesen Flossen, die nun scheinbar endlich groß und entwickeln genug sind, setzen sich die Sewellia Babys bei mir erstmals an die Scheibe. Wie auf dem Foto zu sehen, haben sie eine Gesamtlänge von gerade einmal 2 cm. 

Der Körper nimmt immer weiter an Masse zu und von den kleinen schwimmenden Stöckchen, die sie zuvor waren, ist nun nichts mehr zu erkennen. Die Brust- und Bauchflossen sind gut entwickelt und sie können sich immer besser festhalten. 

 

Die Zeichnung beginnt langsam auch im hinteren Teil des Körpers feiner zu werden und in langsamen Schritten einen ersten Mittelstrich entlang der Seitenlinie zu Formen. Auch die Tupfen- und Netzform im vorderen Bereich wird den Großen immer ähnlicher.

Man sieht an dem Bild sehr gut, wie sich die Sewellia Jungtiere nun vermehrt in der Strömung aufhalten. Wie ihre Eltern haben sie  kaum mehr Mühe, sich an Steinen, Wurzeln und Blättern festzuhalten. 

 

Die adulten Weibchen stören sich nach wie vor kaum an ihren Jungtieren, während die Männchen hier und da bereits etwas genervt sind und sie mit einem kurzen Anschwimmen vertreiben. Die Intensität ist aber nach wie vor nicht mit der vergleichbar, die sie bei anderen ausgewachsenen Männchen zeigen würden. 

 

 

 

An diesem Punkt folgt bei mir mit gut 2,5 - 3,0 cm Gesamtlänge ein kleiner Wachstumsstop. Das heißt natürlich nicht, dass sich die Jungtiere nicht weiterhin entwickeln und an Größe zunehmen, aber es erfolgt alles doch merklich langsamer. Wenn man jeden Tag den Blick ins Aquarium schweifen lässt, scheinen die Sewellias sich kaum noch zu verändern. Erst wenn die Flossen den zweiten größeren Wachstumsschub erfahren, wird man noch einmal aufmerksam.

 

Mit gut 3 cm Gesamtlänge sind die Sewellia Jungtiere nun richtige kleine Flossensauger geworden. Die Proportionen sind bereits ähnlich denen der erwachsenen Tiere sehr ähnlich. 

 

Mit diesem Alter sind sie schon lange gut an Trockenfutter gewöhnt und können bei Bedarf in ein neues Heim ziehen. Das Geschlecht kann man allerdings nur erahnen, aber noch nicht zu 100 % festlegen. Das geht erst nach dem, wie oben bereits erwähnten, nächsten Wachstumsschub der Flossen.

Der Beginn des Wachstumsschubes zeigt sich zu aller erst an ausgefransten Flossen. Für gewöhnlich tritt diese Phase in meinem Aquarium erst ein, wenn die Tiere mindestens 3 cm lang oder länger sind.

 

Im Bild kann man bereits gut erkennen, dass das Tier keine schön rund geformten Flossen hat, wie es diese bisher gezeigt hat. Im hinteren Teil der Brust- und Bauchflossen stehen einige Strahlen über. 

Wie man sieht, werden die weichen Fransen teilweise sehr groß und können auch richtig abstehen, wenn die Strömung sie erfasst. Deshalb habe ich mich auch sehr erschreckt, als ich diese "Fehler" zum ersten Mal sah. Nach einiger Zeit des Zuwartens und Beobachtens verschwanden sie wieder. 

 

Es handelt sich also weder um irgendeine Art von Deformation oder Verletzung, wie ich kurzzeitig befürchtet hatte, sondern um einen natürlichen Wachstumsprozess. Folgendes konnte ich bei vielen meiner Jungtiere beobachten:

 

Diese überlangen Flossenteile treten zuerst im hinteren Teil auf und scheinen zu Beginn sehr weich. Mit der Zeit wird auch der Rest der Flosse von hinten nach vorne immer länger, ähnlich einem Fächer den man aufbreitet, bis die Flossen als ganzes noch breiter geworden sind. Während diese an Größe zunehmen, breitet sich auch das Muster weiter bis an die Flossenränder aus und die Flossen werden wieder gewohnt steif und fein beweglich. 

 

Sollte man die Jungtiere vor diesem zweiten Flossen-Wachstumsschub abgeben, würde ich die zukünftigen Besitzer auf dieses Ereignis vorbereiten, damit sie es nicht als Krankheit oder Deformation fehlinterpretieren. Beim Fangen der Tiere würde ich aus reiner Vorsicht besonderes behutsam vorgehen, um die fragilen Flossenteile nicht zu verletzen.

 

Außerdem sollte ich erwähnen, dass ich nicht bei allen Jungtieren ein so starkes Ausfransen der Flossen wie auf dem Foto beobachten konnte. Möglicherweise weil ich es einfach nicht sah, oder weil bei manchen Jungtieren die Flossen gleichmäßiger wachsen. Mit einer Gesamtlänge von ca. 4 cm sollte diese Phase meiner Erfahrung nach abgeschlossen sein. 

 

 

Während des zweiten großen Wachstumsschubes der Flossen - also mit ca. 3 - 4 cm Länge, beginnen die Alttiere die Jungen vermehrt und vehementer zu vertreiben. Des Weiteren kann man die Frühentwickler in der jugendlichen Bande bereits beobachten, wie sie sich gegenseitig jagen und umkreisen, ganz in der Manier der alten Herren. So weit ich das beobachten konnte, kommt mit dem heranreifen der Jungen eindeutig mehr Leben ins Aquarium, die ganze Gruppendynamik verändert sich mit mehr Tieren auf engerem Raum. Ich führe dies darauf zurück, dass sich die Jungtiere langsam der geschlechtsreife nähern und deshalb zu Territoriumskonkurrenten der alten Männchen werden. Wer wieder mehr Ruhe im Aquarium haben möchte, muss wohl zwangsläufig einige Tiere umsiedeln, um die Besatzdichte zu verringern.

 

Die Musterphase

Die Tiere sind nun einige Monate alt und haben eine gesamte Körperlänge von mindestens 4 cm. Die Sewellias machen nun keine besonderen Entwicklungsschritte mehr, sie werden einfach nur größer und im Falle der Weibchen merklich dicker. Jedoch ist das Muster nach dem letzten Wachstumsschub der Flossen nach wie vor veränderlich und es dauert noch ein wenig, bis die Zeichnung ihre endgültige Gestalt erhält. 

 

Der Prachtflossensauger hat seinen Namen wegen genau dieser markanten Musterung erhalten. Die Streifen, die sich entlang der Seite bis zur Schwanzflosse ziehen, spiegeln sich in dem Wort lineolata wieder. Bis die Jungtiere diese erhalten, vollführt die Zeichnung während der gesamten Entwicklung eine Art Tanz mit kleinen Tupfen und Netzen die sich schlussendlich zu den zarten Linien zusammenfügen. Auch unter adulten Tieren gibt es eine große Variation von Zeichnungsformen, die von fein getupft bis hin zu dicken einfachen Netzen reichen kann. Findet man eine der Musterung besonders schön, sollte man die Jungtiere also erst vermitteln, wenn sie ihre endgültige Zeichnung aufweisen und man entscheiden kann, welche Individuen man behalten möchte. 

 

Folgend habe ich noch ein paar Aufnahmen von Sewellia lineolata Jungtieren in verschiedenen Stadien der Veränderung der Zeichnung vom Musterwirrwarr hin zur durchgehenden Linie. 

Dieses Jungtier beginnt gerade erst, seine durchgehende Seitenlinie zu entwickeln. Das Muster ist noch sehr verworren, nur über der Brustflosse hat sich bereits eine erste kurze Linie gebildet. 

Dieser Flossi hat schon einen dicken Streifen im mittleren Bereich des Körpers und auch zur Schwanzflosse hin wandert die Zeichnung bereits in Richtung der Mitte, wo sich kleine Tupfen bilden.

 

Außerdem kann man bei genauem Blick vorne auf den Brustflossen kleine Fences erkennen, die ihn eindeutig als Männchen identifizieren. 

Bei diesem Tier finden sich die einzelnen Flecken entlang dem Seitenlinienorgan immer mehr zu einem durchgehenden Strich zusammen. Einzelne Querlinien durchkreuzen allerdings nach wie vor den Streifen. 

Nur ein wenig weiter fortgeschritten ist die Linie bei diesem Tier. Aber es wird nicht mehr allzu lange dauern und die bereits horizontal ausgerichteten Tupfen werden sich zu einer Linie verbinden. 

Ein letztes Bild zeigt eine nur noch durch kurze Unterbrechungen getrennte Linie. Die Zeichnung über der Längslinie zieht sich immer mehr zurück und wird folgend das endgültige Rückenmuster formen.